Wie über Rechtsextremismus berichten – und wie (bitte) nicht
Präsentation von Bernhard Weidinger im Rahmen der Österreichischen Journalismustage 2018.
[FOLIE 1] Wer/was ist rechtsextrem ?
- (A) Ideologiezentrierter Begriff (DÖW u.a.): natürliche Ungleichheit, Autoritarismus, Rassismus, Antisemitismus, u.a.
- (B) Ordnungsstaatlicher Begriff (Verf.schutz): Ablehnung der freiheitlich-demokrat. Grundordnung plus Gewalt
- Vorteile (A):
- Sieht Breite der Problematik (inkl. Verbindungen zur „Mitte“)
- Berücksichtigt Modernisierung des RE (Demokratie-Arrangement, Rhetorik, Aktionsformen)
- Verneint jurist. Deutungshoheit über polit. Phänomene (Legalität vs. Legitimität)
- Vorteile (B):
- Alles halb so wild!
- Nichts mit uns zu tun
[FOLIE 2] Wie bezeichnen?
- Rechtspopulismus: okay als (a) Stilbezeichnung und für (b) opportunistische (Nicht-Weltanschauungs-)AkteurInnen
- Rechtsextremismus: umfasst Neofaschismus, Neonazismus und mehr (inkl. manch „Neurechtes“)
- Phänomen beim Namen nennen:
- weder inflationäre Begriffsverwendung (Abstumpfung, Ausfransung)…
- … noch Verharmlosung durch übertriebene (rechtlich unbegründete) Zurückhaltung
- doppelte Vorsicht mit NS-Vergleichen
- Übernahme interessierter Eigenbezeichnungen vermeiden → „Neue Rechte“ u. dgl.
[FOLIE 3] Worüber berichten?
- Balance zwischen Aufklärung und (ungewollter) Bewerbung
- Wichtigstes Kriterium: gesellschaftliche Relevanz
- Probleme:
- Alarmismus, unbewusste Mitwirkung an (auf journ. Reflexe abstellenden) Propagandastrategien
- Auflage/Quote mit Angstlust, Polarisierung
- Verharmlosung durch Scheu vor relevanten Akteuren
- Undercoverage durch Gewöhnungseffekt (nachlassender news value, Verrohung des politischen Diskurses)
- Kaum Interesse an VG-Prozessen
[FOLIE 4] Wie (nicht) berichten?
- Keine Mitwirkung an Selbstinszenierungen (inhaltlich, sprachlich [HC-Effekt], ästhetisch) → Gefahr auch in kritischer Berichterstattung!
- Nicht dämonisieren (erleichtert Selbstdarstellung als harmlos & “normal”, konstruiert Extremismus als das „ganz Andere“), sondern Banalität des RE aufzeigen
- Berichten über extreme Rechte statt mit ihr; kein falsch verstandener „Ausgewogenheits“-Imperativ; keine Bühnen bieten (→ Legitimierung verweigern)
- Kern der Auseinandersetzung: Ideen (nicht Grammatik, Ästhetik, Bildungsstand o. dgl.)
- Recherchieren!
[FOLIE 5] Indirekte Beihilfen für die extreme Rechte
- Übernahme rechtsextremer Themensetzung, Problemdefinitionen & Begrifflichkeiten („Ausländerfrage“, „Islamisierung“, Ethnisierung des Sozialen)
- Problematische Analysebegriffe („Fremdenfeindlichkeit“, „Migrationskritik“ statt Rassismus; Islamophobie)
- Foren als Echokammern rassistischer Mobs, Verstärkungsspiralen durch Algorithmen
- „Journalismus“ als Komplize einer „Politik der Angst“
- Förderung von Verdrossenheit mit politischen Alternativen
- Schreiben über „den“ Islam: zwischen Kritikverzicht und Assistenzrassismus
[FOLIE 6] Wen fragen? (in Österreich)
- Außeruniversitäre Institute: Andreas Peham, Brigitte Bailer, Bernhard Weidinger (alle DÖW), Daniela Pisoiu (OIIP), …
- Universität Wien: Judith Goetz, Sieglinde Rosenberger, Birgit Sauer, Jörg Flecker, Karin Stögner, …
- Andere Hochschulen: Claudia Globisch, Reinhold Gärtner (beide Innsbruck), Edma Ajanovic (Krems) Eva Grigori (FH St. Pölten), Stefanie Mayer (FH Campus), …
- Freie Wissenschafter*innen: Natascha Strobl, Matthias Falter, Kathrin Glösel, Jerome Trebing, Carina Klammer, Thomas Rammerstorfer, Kathrin Quatember, …
- Deutschland: Karin Priester, Juliane Lang, Fabian Virchow, Ursula Birsl, Andrea Röpke, Esther Lehnert, Michaela Köttig, …