Wöginger und die „ethnische Wahl“

Einige kurze Notizen zur zurecht vieldiskutierten Presseaussendung von ÖVP-Klubobmann August Wöginger zur SPÖ-Initiative für eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts.

Wöginger behauptet in dieser Aussendung bekanntlich, „[d]ie Links-Parteien wollen mittels Masseneinbürgerungen die politischen Mehrheitsverhältnisse im Land ändern“ bzw. „eine potenziell neue Wählerschaft […] generieren, die ihnen in Folge eine parlamentarische Mehrheit sichern soll“.

Zurecht wurde darauf hingewiesen, dass Wöginger sich damit gegen einen (überfälligen) Demokratisierungsschritt mit dem bezeichnenden Argument stellt, er würde der Rechten schaden und dass er im Sinne der von „Identitären“ und aus dem Christchurch-Manifest bekannten „Bevölkerungssaustausch“-Erzählung argumentiert.

Genauer gesagt greift Wöginger den „identitären“ Topos der „ethnischen Wahl“ auf: demnach würden Migrant*innen ihre Wahlentscheidung nicht individuell und nach politischer Überzeugung fällen, sondern im „ethnischen Block“ und allein nach ethno-religiöser bzw. „tribaler“ Interessenlage abstimmen.

Menschen ohne Staatsbürger*innenschaft werden damit gleich in doppelter Weise zu politischen Nicht-Subjekten erklärt. Einerseits durch den Ausschluss vom Wahlrecht und damit der Möglichkeit, eine Gesetzgebung repräsentativ-demokratisch mitzugestalten, der sie unterworfen sind. Zum anderen werden sie als unfähig und/oder unwillig dargestellt, solche Subjektivität zu leben, würde sie ihnen zugestanden werden: im Kontrast zum mit Wertesystem und Weltanschauung ausgestatteten, aufgeklärten autochthonen Bürger erscheinen sie als bloße Stimmmaschinen – in ihrem (Wahl-)Verhalten durch das vermeintlich einheitliche Interesse des ethnischen Kollektivss determiniert.

Diese Gedanken trommelt ein Martin Sellner seit Jahren. Sie finden sich aber etwa auch im Manifest des Terroristen von El Paso (2019, siehe Auszug unten), der sich darin wiederum als Unterstützer des Massenmörders von Christchurch bekennt (Näheres dazu beim DÖW).


Fixer Bestandteil des Sellnerschen Narrativs von der „ethnischen Wahl“ ist darüber hinaus die Behauptung, dass Demokratie überhaupt nur unter den Bedingungen ethnischer Homogenität funktionieren könne – bzw., im Umkehrschluss, ethnische Vielfalt die Demokratie unterminiere. Zumindest dorthin ist Wöginger Sellner – noch? – nicht gefolgt.

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