von Magdalena Liedl

erschienen auf Broadly

Das Klischee vom rechten Heimchen am Herd gilt schon lange nicht mehr. Nicht nur Männer, auch rechtsextreme Studentinnen schließen sich an Unis zu Verbindungen zusammen. Die österreichischen deutschnational und völkisch gesinnten „Mädelschaften“ gelten dabei als Hardliner.

Es gibt Interviewabsagen und es gibt Interviewabsagen. Die österreichische Studentinnenverbindung „Akademische Mädelschaft Iduna zu Linz“ schickte mir zweiteres, als ich sie kontaktierte, um sie um ein Gespräch über ihre Gruppierung zu bitten. „Da Sie auf diversen Sozialen Netzwerken Ihre (partei)politische Einstellung offen zur Schau tragen, befürchten wir das Fehlen einer nötigen Neutralität als Fundament für eine Zusammenarbeit.“

Nach einigem Nachhaken und der Klärung des Unterschieds zwischen „ journalistischer Recherche“ und „Zusammenarbeit“ ließ mich die Führung der Iduna wissen, sie stünden „journalistischer Tätigkeit grundsätzlich skeptisch gegenüber“, man werde das Thema aber nochmals intern besprechen.

Wie ich noch erfahre, wurde bei immerhin zwei Verbindungstreffen der Iduna darüber diskutiert— mit dem Ergebnis, dass es keine Option war, mit jemandem zu sprechen, der möglicherweise eine andere politische Meinung vertrat. Mit dieser Weigerung ist die Studentinnenverbindung, die FPÖ-Nationalratsabgeordnete Anneliese Kitzmüller zu ihren Mitgliedern zählen kann, nicht alleine. Auch die Wiener Mädelschaften Nike und Freya wollten nicht mit Broadly sprechen.

Dass es unter männlichen Studentenverbindungen einschlägige Gruppen gibt, die deutschnationales und völkisches Gedankengut vertreten, rechtsextreme Redner zu Veranstaltungen einladen und oft nur knapp an NS-Widerbetätigung vorbeischrammen, dafür gibt es ein zunehmenden Bewusstsein. Doch auch Frauen schließen sich, seit sie an deutschen und österreichischen Universitäten zugelassen sind, zu sogenannten Damenverbindungen zusammen.

Die deutschnationalen und völkischen „Mädelschaften“ in Österreich gelten dabei, wie auch die österreichischen Burschenschaften, als Hardliner innerhalb der Studentinnenverbindungslandschaft im deutschen Sprachraum. Liberale Verbindungen, wie es sie in Deutschland gibt—etwa die Fridericiana, die Frauen und Männer aufnimmt—sucht man in Österreich vergeblich. Hier teilen sich die Damenverbindungen in nur zwei Strömungen auf: konservativ-konfessionelle und deutschnationale—die eigentlichen Mädelschaften.

Diese treten als harmlosen Studentinnengruppen auf, die scheinbar unpolitische Partys organisieren, bei Veranstaltungen von Burschenschaften mit Kuchen Backen und Gedichtvorträgen aushelfen und Studienanfängerinnen dabei unterstützen, sich in den ersten Uni-Semestern zurecht zu finden. Tatsächlich verbreiten sie dabei aber rassistische, deutschnationale und völkische Inhalte.

„Mädelschafterinnen sind zwar Männern nicht gleichgestellt, aber sie erfahren trotzdem eine Aufwertung, indem sie andere abwerten.“

Gerade diese rechtsextremen Frauengruppen erfahren nun an österreichischen Unis in den letzten Jahren einen regelrechten Boom. Seit 2011 gab es drei Neugründungen von rechtsextremen Frauenverbindungen, darunter auch die Iduna in Linz. „Das ist doch auffallend und ziemlich beeindruckend.“, sagt Politikwissenschaftlerin Judith Goetz, die zu rechtsextremen Verbindungen forscht, gegenüber Broadly.

„Die Partizipationsfelder von Frauen sind im modernen Rechtsextremismus breiter geworden.“, erklärt sie dieses Phänomen. „Dadurch steigt auch das Bedürfnis, sich zu organisieren.“ Die klischeehaften Rollen, die rechten Frauen von außen oft zu geschrieben werden, stimmen dabei längst nicht mehr. Sie sind in der rechtsextremen Szene genauso aktiv wie die Männer.

Aber warum es dann so schwer sei, mit Mädelschaften in Kontakt zu treten, frage ich Goetz. Burschenschafter geben durchaus Medieninterviews; rechte Gruppen wie die sogenannten „Identitären“, die aktuell auch in Deutschland Fuß fassen wollen, rufen in Wien auch schon mal zu Demonstrationen auf. „Es gibt schon eine Angst oder gewisse Scheu von Mädelschaften, an die Öffentlichkeit zu treten.“, sagt Goetz. Entscheidend ist aber ein anderer Faktor, erklärt sie: Bisher werden Mädelschaften in der Medienberichterstattung kaum beachtet. Sie waren daher nie in der Situation, ihre Positionen rechtfertigen zu müssen und meinen daher, mit Gesprächsverweigerung durchzukommen.

Rechtsextreme Frauen werden, wenn sie denn überhaupt in den Medien vorkommen, gerne als „rechte Heimchen am Herd“ verharmlost. Die einzigen spitzen Gegenstände, die Mädelschafterinnen in die Hand nehmen würden, seien keine Säbel sondern Messer und Stricknadeln, schrieb etwa die österreichische Tageszeitung Kurier. Als die deutsche Rechtsextreme Beate Zschäpe vor Gericht stand, kommentierten Medien ihre Kleidung. Inhaltlich werden rechtsextreme Frauen in der Öffentlichkeit selten konfrontiert.

Auch dass die Mitglieder von Mädelschaften den Burschenschaftern intern nicht gleichgestellt sind, verleitet dazu, sie zu unterschätzen. Mädel fechten etwa keine Mensuren. Das heißt, sie führen keine rituellen Fechtkämpfe wie ihre männlichen Kollegen in Burschenschaften durch, die so ihre „Ehre“ verteidigen und danach stolz Schnitte und Narben im Gesicht, sogenannte „Schmisse“, zur Schau stellen. „Nach der Ideologie der Burschenschaften haben Frauen keine Ehre, die sie verteidigen könnten.“, erklärt Goetz. Daher bleibt den Mädeln der Zugang zum Fechten verwehrt. Sie sind auf Männer angewiesen, die sie im Falle einer Beleidigung in Fechtduellen vertreten. Daher erhalten Mädelschaften häufig einen sogenannten symbolischen „Ehrschutz“ von befreundeten Burschenschaften.

Warum tritt aber eine junge Frau freiwillig in eine Verbindung ein, die sie dermaßen abwertet? „Mädelschafterinnen sind zwar Männern nicht gleichgestellt, aber sie erfahren trotzdem eine Aufwertung, indem sie andere abwerten“, erklärt Goetz. „Im weitesten Sinne kann man sogar sagen: Ausgleich für eigene Diskriminierungserfahrungen.“ Kurz: Sie werden als Frauen zwar diskriminiert, diskriminieren dafür aber andere.

„Frauen können genauso rassistisch und nationalistisch sein wie Männer.“

Auch Leistungsduck kann ein Faktor sein: In Mädelschaften ist zu Hause bei der Familie zu bleiben ein legitimer Lebensentwurf. „Für Frauen, die Schwierigkeiten haben, sich bei verstärkter Arbeitsmarktkonkurrenz durchzusetzen, kann das eine attraktive Position sein.“ Gleichzeitig bieten Mädelschaften Netzwerke für die Karriere für diejenigen, die eine solche anstreben—wenn auch mit Einschränkungen. So ist etwa auch die österreichische Nationalratsabgeordnete und frühere Präsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz Mitglied der Mädelschaft Sudetendeutschen Damengilde Edda.

Dennoch sind Mädelschaften weder reine Karrierenetzwerke noch Anhängsel von Burschenschaften, sondern stehen ihren männlichen Gegenstücken um nichts nach, was die ideologische Festigung betrifft. Zwar halten sich die österreichischen Mädelschaften bedeckt und wollten mit mir weder über ihre Ideologie noch ihre Aktivitäten sprechen, doch lassen sie in ihren Online-Auftritten einen kleinen Einblick zu, welche Art von Ideen sie bei ihren Verbindungspartys, Liederabenden und Sonnwendfeiern transportieren.

Sieht man sich beispielsweise die Iduna einmal genauer an, stößt man auf einige interessante Dinge: Eine ihrer Farben ist „kornblumenblau“. Diese Farbe stünde für Freiheit und Freundschaft, heißt es auf ihrer Website. Tatsächlich war die Kornblume Symbol und Erkennungszeichen illegaler österreichischer Nazis vor dem Anschluss 1938. Auch der österreichische FPÖ-Präsidentschaftskandidat und Burschenschafter Norbert Hofer trägt dann und wann eine blaue Kornblume am Revers. Die Mitglieder der Iduna kochen bei Veranstaltungen für die Linzer Burschenschaft „Arminia-Czernowitz“. Gegen diese ermittelte die Staatsanwaltschaft 2010 auf Anzeige der Grünen, weil die Burschenschaft NS-Sujets auf ihren Plakaten benutze. Nur ein Hakenkreuz hatten sie aus dem Originalplakat von 1931 dann doch entfernt. Anstatt „Frohe Weihnachten“ wünscht die Iduna ihren Facebook-Fans „Heil Jul!“. Die Nationalsozialisten hatten versucht, das nordische Julfest anstatt des christlichen Weihnachtsfest zu etablieren.

Aber auch die Wiener Mädelschaften Freya und Nike verwenden NS-Symbole. Die Mädelschaft Freya (mit den Verbindungsfarben Schwarz-Rot-Gold und dem Sitz in der berüchtigten Fuhrmannsgasse in Wien, wo auch mehrere deutschnationale Burschenschaften ihre „Buden“ haben) hat etwa den Text des Deutschlandliedes in der Version, in der es von den Nazis gesungen wurde, auf ihrer Facebook-Seite („Deutschland, Deutschland über alles…“). Wie die Iduna feiern auch die Mitglieder im Dezember das Julfest. Ausflüge gibt es nicht nur zu befreundeten Mädelschaften, sondern auch etwa zu einem Fallschirmjäger-Denkmal, das die Wehrmacht 1941 auf Kreta errichtete.

Die Mädelschaft Nike wiederum verkündet auf ihrer Seite, dass Südtirol zu den „deutschen Landen“ gehöre und sie den 8. Mai nicht als Tag der Befreiung feiern würden, ihre Großeltern hätten das schließlich auch nicht getan. Nike tut sich auch mit einer ganzen Reihe von rassistischen, sexistischen und homophoben Beiträgen und Seitenhieben auf Politiker_innen und Aktivist_innen hervor, die auch mal namentlich inklusive Wohnadresse genannt werden. Die Kommentare dazu können durchaus auch als Drohungen gelesen werden („Da fürchtet sich die Antifa doch glatt vor uns Mädls—na zum Glück sind wir uns am Mittwoch nicht begegnet.“)

All diese Symbole und Aussagen stehen zwar für einschlägiges Gedankengut, sind aber in Österreich nicht verboten, etwa im Gegensatz zum Hakenkreuz. Auf den ersten Blick mögen sie unverfänglich wirken—dass die Kornblume ein Nazi-Symbol ist, ist schließlich nicht unbedingt Allgemeinwissen. Für Mitglieder der rechtsextremen Szene sind derartige Symbole jedoch eindeutig.

Um sich für Frauenangelegenheiten einzusetzen, wegen der Partys oder alleine wegen der Karriere schließt sich jedenfalls niemand einer deutschnationalen Studentinnenverbindung an, schließt Goetz. Junge Frauen, die einer Mädelschaft beitreten, erkennen diese Symbolik ganz genau und schließen sich ihnen genau deshalb an. „Frauen können schließlich genauso rassistisch und nationalistisch sein wie Männer.“

Titelbild: Illustration von Sarah Schmitt; Bild von Adolf Hitler via Wikipedia | CC BY-SA 3.0 DE

erschienen auf vice.com/alps

von Verena Bogner

Im vergangenen April haben Mitglieder der sogenannten Identitären die Aufführung von Elfriede Jelineks Theaterstück „Schutzbefohlene performen Jelineks Schutzbefohlene“ im Audimax gestürmt. Daraufhin wurde das Ensemble für eine Aufführung von der Stadt Wien ins Rathaus eingeladen. Bei eben dieser Aufführung hat die Burschenschaft Hysteria, laut Eigenbeschreibung die älteste Burschenschaft Österreichs, den Saalschutz übernommen. „Wir sind die wahren Hüterinnen der österreichischen Kultur und Tradition“, hieß es damals auf der Hysteria-Seite. Außerdem waren Mitglieder der Hysteria beim Bachmann-Preis anwesend, wo die Autorin Stefanie Sargnagel, die selbst Mitglied der Hysteria ist und im Netz immer wieder von Rechten attackiert wird, den Publikumspreis gewonnen hat.

Am 10. Januar 2016 wurde das erste Mal auf der Facebook-Page der Burschenschaft Hysteria gepostet—und zwar das Bild einer schreienden Hyäne, ihres perfekt ausgewählten Wappentiers. Seitdem finden sich dort regelmäßig Postings zu aktuellen Anlässen wie beispielsweise dem traditionellen Fest zur Sommersonnenwende, das die Hysteria am Donauinselfest gefeiert hatte. Die Burschenschaft Hysteria ist die feministische und längst überfällige Antwort auf deutschnationale Burschenschaften, die in Österreich immer noch Tradition haben und jeden Januar mit dem Akademikerball für Gegenproteste sorgen; und im Zuge dessen auch dafür, dass in der Wiener Innenstadt der eine oder andere umgestoßene Mistkübel wieder aufgestellt werden muss.

Die Burschenschaft Hysteria bewegt sich irgendwo zwischen Satire, Kunstprojekt und radikalem, politischen Aktivismus und macht vor allem eines: Sie zeigt durch diese Zuspitzung auf die deutlichste, brachialste Art die Schwachstellen des Gedankenguts von männerbündlerischen Burschenschaften auf. Mit denen ist sie übrigens eher zu vergleichen als mit klassischen Mädelschaften beziehungsweise Damenverbindungen, von denen es in Österreich aktuell etwas mehr als eine Handvoll gibt. Diese nehmen zwar genau wie die Hysteria nur Frauen auf, aber die Hysteria lehnt sich in ihren Werten, Zielen und Traditionen eindeutig an Männerbünde an.

Die Burschenschaft Hysteria distanziert sich (zumindest offiziell) übrigens von der Behauptung, Satire zu sein, wie sie nach einer Erwähnung im Falter als „satirisch-feministische Burschenschaft“ klarstellt. Auch das gehört zu ihren Kerneigenschaften: Die Hysteria bleibt immer „in character“ und fällt nie aus ihrer öffentlichen Rolle.

Das gilt auch für unsere Anfrage, auf die uns die Burschenschaft Hysteria erklärt, dass sie derzeit keine Interviews gibt und uns bittet, das auf ihrer Facebook-Seite zur Verfügung stehende Material zu verwenden.

Laut der dortigen Eigenbeschreibung steht die Hysteria für starke, ideelle Werte, die Unterdrückung Andersdenkender, aktiven Vaterlandsverrat und bietet neben einer Erweiterung des Horizontes auch lebenslange Freundinnenschaften. Männer sind in der Burschenschaft selbstverständlich nicht erlaubt, denn die gehören laut Hysteria nicht in die Öffentlichkeit, vielmehr sieht sie die Sphäre des Mannes klar im Privaten.

Die Hysteria verlangt von ihren Mitgliedern (und in weiterer Folge auch weltweit) die Angleichung der Zyklen, die Einschränkung des Männerwahlrechts, günstige Abtreibungen, Schleierzwang für Männer und Hodenamputation bei heterosexuellem Geschlechtsverkehr, bei dem die Frau nicht zum Höhepunkt kommt. Kurz gesagt: Das uneingeschränkte Matriarchat. Die Mitglieder der Hysteria tragen Hyänen-Jacken und rote Deckel. Was auf den ersten Blick lustig und absurd wirkt, trägt in Wahrheit zur Entmystifizierung einer Ideologie mit großem Gefahrenpotenzial bei.


Burschenschaften in Österreich:


Die Literatur- und Politikwissenschaftlerin Judith Goetz, die sich als Mitwirkende der „Forschungsgruppe Ideologien und Politiken der Ungleichheit“ intensiv mit Burschen- und Mädelschaften, beziehungsweise Damenverbindungen beschäftigt, sieht zwischen dem Auftreten und der Organisationsform der Hysteria viele Parallelen zu anderen Burschenschaften.

„Die Burschenschaft Hysteria bezieht sich in ihrer Namensgebung, ihrer Organisationsform als geschlechtshomogene Gruppe und historischen Entstehungsgeschichte nicht nur auf burschenschaftliche Traditionen, sondern auch die vertretenen Werte, Ideale und Forderungen orientieren sich an burschenschaftlichen Vorbildern“, sagt Goetz.

Diese Traditionen und Werte sind laut Goetz unter anderem: Die Verwendung von Couleurnamen (wie Sauhilde oder Sprenghilde), die gegenseitige Anrufung als „Burschen“, strenge Verbindungsprinzipien, der gemeinschaftlich organisierte Alkoholkonsum sowie die Bezugnahme auf das Ritual der Mensur zur Absicherung des eigenen Bundes nach außen. Vor allem das Kämpfen von Mensuren unterscheidet die Hysteria laut Goetz außerdem von gängigen Mädelschaften und Frauenverbindungen, da Frauen dem Weltbild von Burschenschaften zufolge nicht satisfaktionsfähig sind. Im Nichtburschi-Sprech: Sie können nach einer Ehrverletzung die Ehre nicht durch Duellieren wiederherstellen.

Themen, denen sich die Burschenschaft Hysteria immer wieder annimmt, sind auch Sexismus und veraltete Geschlechterrollen—also Konzepte, die Burschenschaften und andere rechte Gruppierungen häufig promoten und beispielsweise mit Kampagnen zum Schutz „unserer Frauen“ vor der Belästigung durch fremde Männer zu festigen versuchen.

Hier sieht Goetz auch die Besonderheit der Hysteria: „Insbesondere der von Burschenschaftern vertretene Sexismus wird von der Hysteria zugespitzt ins Gegenteil verkehrt. Anstelle der Ablehnung von Frauen*-Quoten wird beispielsweise eine Frauen*- und Transgender-Quote von 80 Prozent in öffentlichen Ämtern gefordert. Damit wird auch eine wichtige Kritik am burschenschaftlichen Gedankengut deutlich. Burschenschaften tragen durch ihre männerbündische Organisationsform maßgeblich zur Aufrechterhaltung und Reproduktion biologistischer und hierarchisch gedachter, geschlechterdualistischer Vorstellungen von Gender bei. Die männerbündische Tradition der Burschenschaften verfolgt nicht zuletzt das Ziel, Frauen* aus dem Bund wie auch der Sphäre der Politik fern zu halten. Die Hysteria macht Aspekte zum Thema, die in der Kritik an Burschenschaften lange Zeit ausgespart oder vernachlässigt geblieben sind—wie eben der burschenschaftliche Sexismus und Antifeminismus sowie auch Homo- und Trans-Feindlichkeit. Gerade weil diese Ideologien auch in der so genannten gesellschaftlichen Mitte tief verankert sind, wird oftmals übersehen, dass sie auch einen fixen Bestandteil extrem rechter Denkmuster ausmachen.“

Wie so oft, wenn es um die Diskussion geht, welche Plattform rechten Gruppierungen wie Burschenschaften oder auch den sogenannten Identitären gegeben werden soll, kann auch hier der Eindruck entstehen, dass die Hysteria durch ihr Aufgreifen von burschenschaftlichen Traditionen eben diesen zu viel Bedeutung zumisst, anstatt ihre Mechanismen zu entlarven.

Laut Goetz schenkt die Hysteria Burschenschaften jedoch eben die Aufmerksamkeit, die den oftmals unterschätzten Männerbünden zusteht: „Deutschnationale Burschenschaften wurden und werden in Bezug auf ihre gesellschaftliche wie auch politische Bedeutung bis heute unterschätzt und oftmals als marginalisierte Gruppe Ewiggestriger abgetan. Insofern wird ihnen von Seiten der Hysteria jene Aufmerksamkeit zugemessen, die ihnen tatsächlich auch zukommen sollte.“

Aufgrund ihrer provokanten Inszenierung hat nicht nur Stefanie Sargnagel als Person des öffentlichen Lebens, sondern auch die Hysteria als Ganzes mit Anfeindungen von Rechts zu kämpfen. Erst kürzlich hat die Burschenschaft Hansea zu Wien ein Foto der Hysteria mit dem Text „Besucherinnen vom Planeten der Unbeschlafenen“ und dem Hashtag #linkeweiberausknocken geteilt, was nicht nur das sexistische Gedankengut der Burschenschaft deutlich werden lässt, sondern auch zeigt, dass die Inszenierung der Hysteria am großen Ego der Burschenschaft kratzt. Die Hysteria hat der Burschenschaft daraufhin einen Besuch bei ihrer Bude abgestattet.

Der Hashtag #linkeweiberausknocken hat übrigens eine Vorgeschichte: Auf einer gleichnamigen Webseite wurden Gewaltaufrufe gegen Frauen veröffentlicht, die sich antifaschistisch engagieren, zum Beispiel gegen Natascha Strobl. Außerdem wurden Sticker mit der Aufschrift und ihrem Gesicht darauf in Wien verteilt.

Derartige Untergriffigkeiten von Burschenschaften gegenüber Frauen generell und der Hysteria im Besonderen seien laut Goetz der Versuch, das Fortbestehen der Geschlechterdifferenz und der eigenen Privilegien zu sichern, das durch Gruppierungen wie die Burschenschaft Hysteria mehr denn je infrage gestellt werde: „Mädelschaften und Damenverbindung stellten bislang keine Bedrohung dar, da sie im Rahmen strenger Geschlechterhierachien und klaren Aufgabenverteilungen bestehen. Aufweichungen dieser männerbündischen Strukturen, wie sie jedoch beispielsweise durch die Öffnung von Burschenschaften für Frauen* von statten gehen würden, werden folglich mit einer Bedrohung sowohl für den Fortbestand antiquierter Geschlechterbeziehungen als auch für die eigenen Privilegien in Verbindung gebracht und aktiv bekämpft.“

Die Burschenschaft Hysteria findet einen Weg, Rechte zu entlarven, ohne sich selbst (zumindest was Social Media betrifft) angreifbar zu machen. Sie spielt gezielt mit den Werten und Ansichten „weißer Männer“—denjenigen, die „unsere“ Frauen schützen wollen, aber im nächsten Moment Vergewaltigungsdrohungen auf Facebook verfassen oder die, für die weibliche Emanzipation immer noch der Feind der traditionellen Familie ist. So schafft sie es nicht nur, zu entlarven und uns bewusst zu machen, welches Welt- und Frauenbild ein Teil unserer Gesellschaft eigentlich vertritt, sondern motiviert junge Frauen auch, etwas gegen eben dieses Weltbild zu tun. Nach eigenen Angaben der Hysteria häufen sich inzwischen die Mitgliedsanfragen. Um es mit ihren Worten zu sagen: Noch nie hat Vaterlandsverrat so gut geschmeckt.

Verena auf Twitter: @verenabgnr

Jeden Mittwoch während des Semesters veranstaltet der Wiener Korporationsring (WKR), die zentrale Plattform akademisch-völkischer Studentenverbindungen in Wien, mittags seinen Farbenbummel, üblicherweise auf der Rampe der Universität Wien. Der heutige (27. 1. 2016) stach gegenüber sonstigen in mehrerlei Hinsicht hervor: es war der letzte des Wintersemesters, der letzte vor dem Wiener Akademikerball am Freitag und man hatte – wohl aus eben diesem Grund – wieder einmal ein Megaphon mitgebracht, um den anwesenden Antifaschist*innen eine Rede darzubringen. Diese bot, neben Erwartbarem („Wir! Bleiben! Standhaft!“, „Diesen Freitag gehört die Hofburg uns!“) auch eine weniger politisch als historiographisch bemerkenswerte Aussage: „Die Polizei ist niemals unser Feind gewesen und wird es auch nicht sein.“

Nun ist die burschenschaftliche Tendenz nicht neu, Teile der eigenen Geschichte auszublenden. Die eigene Geschichte gar nicht zu kennen, verwundert da schon eher. Zumal gerade das historisch mehr als durchwachsene Verhältnis von Burschenschaften und Polizei üblicherweise gerne als Beleg für die rebellischen, subversiven Gehalte der burschenschaftlichen Geschichte angeführt (und nicht selten missdeutet) wird, sofern in der Gegenwart an diese angeknüpft werden soll.

Vor 1848 konnten Burschenschaften und ähnliche Vereinigungen in Österreich aufgrund polizeilicher Repression überhaupt nur klandestin existieren. 1848 avancierte das Lied „Was kommt dort von der Höh'“ zum Schlager der Revolution, der bis heute in Korporiertenkreisen gesungen wird. Die „Höh’/Heh“ bezog sich auf die Polizei – weshalb letztere in Wien bis heute auch unter dieser Bezeichnung geläufig ist. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts blieben behördliche Überwachung und (oftmals auch realisierte) Auflösungsdrohungen – teilweise aus besseren Gründen als unter Metternich – ständige Begleiter. Hier nur einige Beispiele behördlicher Auflösungen noch heute bestehender Burschenschaften in diesem Zeitraum:

1870: Silesia (wg. Beteiligung an Tumulten im Rahmen eines Kommerses)

1878: Libertas (wg. des Inhalts von Stiftungsfestreden)

1888: Teutonia (wg. einer antisemitischen Festrede)

1892: Ostmark (spätere Alania) und Gothia

1894: Teutonia

1896: Ostmark, Teutonia, Gothia u. a. (wg. Satisfaktionsverweigerung gegenüber Juden)

1897: Silesia

Auch unter Dollfuß kam es zu behördlichen Auflösungen (z.B. Ostmark 1934). Der Nationalsozialismus brachte die Selbstauflösung der völkischen Verbindungen, oft begleitet von der Überführung in die Strukturen des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes. Zumindest mancherorts war das Verhältnis zur Polizei nun exzellent: so fand das Stiftungsfest der Wiener Alben 1940 unter dem persönlichen Schutz ihres prominentesten Bundesbruders, des „Höheren SS- und Polizeiführers Donau“ und späteren zentralen Holocaust-Logistikers Ernst Kaltenbrunner, statt (vgl. Weidinger 2015, 50f.).

Unter den demokratischen Verhältnissen der Zweiten Republik erschien den Burschenschaften ihr rechtliches Standing noch längere Zeit prekär, den Sicherheitsbehörden wurde mit großem Misstrauen begegnet. 1954 diskutierte man im Rahmen des österreichischen Burschenschaften-Dachverbandes (ADC), diesen nicht als Einheitsverband, sondern als lose Arbeitsgemeinschaft aufzusetzen, weil eine solche „niemals einer behördlichen Auflösung verfallen“ könne (ebd., 28). 1961 waren „Gerüchte“ Gegenstand der Diskussion, wonach „in allen Sicherheitsdirektionen Auflösungsbescheide“ gegen die Burschenschaften lägen (ebd., 29). Wie würde das (rote) Innenministerium auf die damals angestrebte (und 1971 realisierte) Bildung eines gemeinsamen, deutsch-österreichischen Verbandes reagieren? (vgl. ebd., 258) Würde sie darin einen Verstoß gegen Bestimmungen des Staatsvertrags (Stichwort Verbot von Anschlusspropaganda und -bestrebungen) erblicken? Die Antwort lautete Nein. Dennoch ereilte einen Bund eben in diesem Jahr das befürchtete Schicksal: Olympia Wien fiel – u. a. nach umfangreichen polizeilichen Hausdurchsuchungen – tatsächlich behördlicher Auflösung anheim, allerdings im Zusammenhang mit dem Engagement vieler ihrer Mitglieder im Südtirolterror. Faktisch konnte sie unter dem Namen Vandalia weiterbestehen und sich 1973 widerstandslos auch formal wiedererrichten. Kurz vor der Auflösung 1961 war es übrigens zu einem weiteren Aufeinandertreffen von Olympen und Polizei gekommen: drei Mitglieder der Verbindung waren auf der Ringstraße festgenommen worden, nachdem sie dort, ein NS-Lied schmetternd, angehalten worden und gegenüber den Polizisten ausfällig geworden waren. Einer hatte ihnen gedroht, sie mögen nur warten, „bis der Hitler wieder kommt, dann lasse ich euch alle aufhängen, ihr roten, demokratischen Schweine!“ (ebd., 426).

Noch in den 1990ern entschlugen sich die österreichischen Burschenschaften größtenteils dem Projekt der Erstellung eines (ohnehin nur Burschenschafts-intern zu verbreitenden) Verzeichnisses aller Burschenschafter Deutschlands und Österreichs, da man fürchtete, dieses könnte als Grundlage für Repressalien dienen. Auch während der Briefbomben-Ermittlungen sah man sich als Gegenstand behördlicher Verfolgung (Teutonia Wien musste eine Hausdurchsuchung über sich ergehen lassen). Und noch 2000 beschwerte Andreas Mölzer sich über die „Gesinnungsschnüffelei“ des Verfassungsschutzes „in korporierten Kreisen“ (ebd., 538). Diese wurde dann unter Schwarzblau auch bald eingestellt. Zumindest seither kann das Verhältnis von Burschenschaften und Sicherheitsbehörden wohl in der Tat als entspannt bezeichnet werden.

Zu resümieren bleibt, dass im WKR Geschichtsvergessenheit heute selbst unter jenen Leuten vorzuherrschen scheint, die er zu Kundgebungsrednern auserkiest (ja, das heißt im Präsens tatsächlich so) – und die selbst ihrem antifaschistischen Gegner, wie wörtlich auch heute, gerne Horizontverengung attestieren.

Bernhard Weidinger

Alle nach Zitate nach id. (2015): „Im nationalen Abwehrkampf der Grenzlanddeutschen“. Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945″, Wien/Köln/Weimar: Böhlau. Im Volltext hier.

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Stand: 31.01.2016 (wo nicht anders angegeben)

Im Fall mehrfacher Verbindungszugehörigkeit wurde nur die akademische Verbindung angeführt.

Abkürzungen: a = akademisch, c = conservativ, p = pennal (Mittelschulverbindung), B! = Burschenschaft, C! = Corps, DG = Damengilde, FV! = Ferialverbindung, GL! = Grenzlandsmannschaft, K.Ö.St.V. = Katholische Österreichische Studentenverbindung, L! = Landsmannschaft, M! = Mädelschaft, MKV = Mittelschüler-Kartell-Verband (katholisch), ÖCV = Österreichischer Cartellverband (katholisch), SV! = Schülerverbindung [Germania Ried: Semestralverbindung], US! = Universitätssängerschaft, V! = Verbindung

Nationalrat, Legislaturperiode 2019ff. (Stand: konstituierende Sitzung/23.10.2019): 11-12 von 30

Hannes Amesbauer (aB! Oberösterreicher Germanen Wien) (Austritt? – unbestätigt)

Reinhard Bösch (aB! Teutonia Wien, pV! Alemannia Dornbirn)

Hermann Brückl (pB! Scardonia Schärding, pB! Markomannia Eisenstadt)

Martin Graf (aB! Olympia Wien)

Christian Hafenecker (aB! Nibelungia Wien)

Norbert Hofer (pB! Marko-Germania Pinkafeld)

Gerhard Kaniak (aB! Albia Wien)

Axel Kassegger (aB! Germania Graz, aB! Thessalia Prag in Bayreuth)

Volker Reifenberger (aC! Frankonia-Brünn Salzburg, AGV Rugia Salzburg)

Philipp Schrangl (aB! Oberösterreicher German, pcV! Ostmark Linz)

Harald Stefan (SV! Gothia Meran)

Wolfgang Zanger (aC! Vandalia Graz, pC! Austria Knittelfeld)

 

Nationalrat [Legislaturperiode 2017-2019] – 18-19 von 51 (akt. 24.01.2019)

Hannes Amesbauer – aB! Oberösterreicher Germanen Wien [dem Vernehmen nach ausgetreten, unbestätigte Information]

Reinhard Bösch – aB! Teutonia Wien

Hermann Brückl – pB! Scardonia Schärding, pB! Markomannia Eisenstadt

Martin Graf – aB! Olympia Wien

Johann Gudenus – aB! Aldania Wien

Christian Hafenecker – aB! Nibelungia Wien

Roman Haider – pB! Donauhort Aschach

Christian Höbart – pcB! Tauriska Baden

Hans-Jörg Jenewein – pB! Nibelungia Wien

Gerhard Kaniak – aB! Albia Wien

Axel Kassegger – aB! Germania Graz

Anneliese Kitzmüller – aM! Iduna Linz

Wendelin Mölzer – aC! Vandalia Graz

Werner Neubauer – SV! Gothia Meran, pB! Markomannia Eisenstadt [Anm.: entgegen der Angaben einer verbindungsstudentischen Quelle behauptet Neubauer, der Markomannia nie angehört zu haben]

Walter Rosenkranz – aB! Libertas Wien

Volker Reifenberger – aC! Frankonia-Brünn Salzburg

Philipp Schrangl – aB! Oberösterreicher Germanen Wien

Harald Stefan – aB! Olympia Wien [UPDATE: wie der Kurier am 13.7.2018 vermeldete, ist Stefan aus der Olympia ausgetreten, bleibt aber Mitglied in der Südtiroler Schülerverbindung Gothia Meran]

Wolfgang Zanger – aC! Vandalia Graz

 

Bundesparteivorstand (22-23 von 37) (aktualisiert 12.01.2017; davor: 19-20 von 35)

Markus Abwerzger (US! Skalden Innsbruck)

Reinhard Bösch (aB! Teutonia Wien)

Gernot Darmann (Sponheim Wolfsberg/MKV)

Peter Fichtenbauer (FV! Waldmark Gmünd)

Johann Gudenus (pB! Vandalia Wien)

Manfred Haimbuchner (aC! Alemannia Wien zu Linz)

Johann Herzog (aB! Aldania Wien)

Norbert Hofer (pB! Marko-Germania Pinkafeld)

Christian Höbart (pcB! Tauriska Baden)

Anneliese Kitzmüller (aM! Iduna Linz)

Helmut Kowarik (aB! Aldania Wien)

Udo Landbauer (pB! Germania Wr. Neustadt)

Christian Leyroutz (aB! Suevia Innsbruck)

Géza Molnár (aC! Hansea Wien)

Dominik Nepp (aB! Aldania Wien)

Werner Neubauer (SV! Gothia Meran, pB! Markomannia Eisenstadt)

Elmar Podgorschek (aL! Cimbria Wien [Conkneipant?], cSV! Germania Ried)

Walter Rosenkranz (aB! Libertas Wien)

Bernhard Rösch (aB! Gothia Wien)

Carmen Schimanek (pM! Sigrid Wien [unbestätigt])

Eduard Schock (aB! Aldania Wien)

Harald Stefan (aB! Olympia Wien) seit ca. Juli 2018: nur mehr Gothia Meran)

Heinz-Christian Strache (pB! Vandalia Wien)

Nationalrat bis zur Wahl 2017 (17-18 von 38) (aktualisiert am 6. 5. 2016)

Reinhard Bösch (aB! Teutonia Wien)

Hermann Brückl (pB! Scardonia Schärding und pB! Markomannia Eisenstadt)

Christian Hafenecker (aB! Nibelungia Wien)

Roman Haider (pB! Donauhort Aschach)

Christian Höbart (pcB! Tauriska Baden)

Norbert Hofer (pB! Marko-Germania Pinkafeld)

Andreas Karlsböck (aB! Aldania Wien)

Axel Kassegger (aB! Germania Graz, aB! Thessalia Prag in Bayreuth)

Anneliese Kitzmüller (aM! Iduna Wien, pM! Sigrid Wien [„Hohe Damenobfrau“])

Wendelin Mölzer (aC! Vandalia Graz)

Werner Neubauer (SV! Gothia Meran, pB! Markomannia Eisenstadt)

Barbara Rosenkranz (DG! Edda Wien)

Walter Rosenkranz (aB! Libertas Wien)

Carmen Schimanek (pM! Sigrid Wien [unbestätigt])

Philipp Schrangl (aB! Oberösterreicher Germanen Wien)

Harald Stefan (aB! Olympia Wien)

Heinz-Christian Strache (pB! Vandalia Wien)

Wolfgang Zanger (aC! Vandalia Graz)

Bundesrat (3 von 13)

Hans-Jörg Jenewein (pB! Nibelungia Wien)

Michael Raml (aB! Arminia Czernowitz zu Linz)

Bernhard Rösch (aB! Gothia Wien)

Europaparlament (2 von 4)

Georg Mayer (aC! Vandalia Graz)

Franz Obermayr (aC! Alemania Wien zu Linz und aC! Frankonia Brünn zu Salzburg)

Landesparteivorstand Wien (9 von 16) (akt. 29. 01. 2019)

Martin Graf (aB! Olympia Wien)

Johann Gudenus (pB! Vandalia Wien)

Johann Herzog (aB! Aldania Wien)

Dietbert Kowarik (aB! Olympia Wien)

Veronika Matiasek (aM! Freya Wien)

Dominik Nepp (aB! Aldania Wien)

Harald Stefan (aB! Olympia Wien seit ca. Juli 2018: nur mehr SV! Gothia Meran)

Heinz-Christian Strache (pB! Vandalia Wien)

Michael Stumpf (aB! Aldania Wien)

Landesparteiobmänner (6 von 9) (aktualisiert am 17. 6. 2016)

Markus Abwerzger (Tirol, US! Skalden Innsbruck)

Reinhard Bösch (Vorarlberg, aB! Teutonia Wien)

Gernot Darmann (Kärnten, K.Ö.St.V. Sponheim Wolfsberg im MKV [katholisch])

Manfred Haimbuchner (OÖ, aC! Alemannia Wien zu Linz)

Walter Rosenkranz (NÖ, aB! Libertas Wien)

Heinz-Christian Strache (Wien, pB! Vandalia Wien)

Landtage

Burgenland (1 von 6)

Geza Molnar (aC! Hansea Wien)

Kärnten (1 von 6)

Christian Leyroutz (aB! Suevia Innsbruck)

Oberösterreich (1 von 18)

Adalbert Cramer (aC! Hellas Wien)

Niederösterreich (1 von 4)

Udo Landbauer (pB! Germania Wr. Neustadt)

Salzburg (0 von 1)

Steiermark (3 von 14) – aktualisiert am 17.7.2019

Hannes Amesbauer (aB! Oberösterreicher Germanen Wien)

Gerald Deutschmann (aB! Marcho-Teutonia Graz)

Marco Triller (akad. Tafelrunde Wiking Wiener Neustadt)

Tirol (1 von 4)

Markus Abwerzger (US! Skalden Innsbruck)

Vorarlberg (1 von 9)

Hubert Kinz (pV! Nibelungen Bregenz)

Wien (12-14 von 34)

Wolfgang Aigner (K.Ö.St.V. Austria Wien [ÖCV])

Stefan Berger (aB! Aldania Wien [unbestätigt])

Armin Blind (aB! Aldania Wen)

Gerald Ebinger (aB! Aldania Wien)

Udo Guggenbichler (aB! Albia Wien)

Wolfgang Jung (aT! Wiking Wr. Neustadt)

Dietbert Kowarik (aB! Olympia Wien)

Maximilian Krauss (aB! Aldania Wien)

Veronika Matiasek (2. Landtagspräsidentin, [aM! Freya Wien [unbestätigt])

Dominik Nepp (aB! Aldania Wien)

Alexander Pawkowicz (aB! Aldania Wien)

Rudolf Stark (aB! Aldania Wien)

Michael Stumpf (pB! Vandalia Wien)

Alfred Wansch (aB! Olympia Wien)

sowie

Vize-Bürgermeister Johann Gudenus (pB! Vandalia Wien, aB! Aldania Wien)

Stadtrat Eduard Schock (aB! Aldania Wien)

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Deutschnationale Burschenschafter fungieren in Österreich sowohl als Sammelbecken für parteiförmig organisierte Rechtsextreme (FPÖ Funktionäre) als auch als Anhänger der militanten Neonazi-Szene und sichern sich durch ihre Männerseilschaften Einfluss, Posten und Privilegien. Die burschenschaftliche Organisation selbst baut dabei auf einer Trias auf, deren Säulen ideologisch aufeinander bezogen und zutiefst antifeministisch und sexistisch konzeptioniert sind.

Neben dem völkischen Nationalismus und dem männerbündischen Prinzip vervollständigen Brauchtumsformen wie das in burschenschaftlichen Kreisen kultivierte Mensurwesen diese Trias. So dient der Männerbund und die dahinter stehenden Vorstellungen biologistisch argumentierter Geschlechterdifferenz als sexistisches Ordnungskonzept, das die vermeintlich „natürliche“ Geschlechtertrennung und zwischenmenschliche Beziehungen im Allgemeinen regelt.

Auch die ideologische wie auch politische, antifeministische Agenda deutschnationaler Burschenschaftern zielt nicht selten auf die Renaturalisierung, also die „Wiederherstellung“ einer vermeintlich „natürlichen“ Geschlechterordnung ab. Dieses strikt duale Geschlechtermodell erfüllt dabei bestimmte Funktionen, wie beispielsweise Einflüsse von vermeintlicher Weiblichkeit aus der Sphäre des Politischen, des Männerbundes oder auch der Gesellschaft fernzuhalten.

Im Vortrag von Judith Goetz und in der anschließenden Diskussion soll der burschenschaftliche Antifeminismus vor dem Hintergrund der Prinzipien des Männerbundes und dem Wesen der Mensur näher beleuchtet werden.

Wann?
Dienstag, 26.01.2016 18:00

Wo?
w23, Wipplingerstrasse 23, 1010 Wien

Das ra.wohnzimmer findet diesmal am letzten Dienstag statt. Vortrag und Diskussion zu „Vergemeinschaftet durch das Abverlangen von Standhalten und Beherrschung“ – Männerbund, Mensur und Antifeminismus bei deutschnationalen Burschenschaften.

https://raw.at/texte/2016/maennerbund-mensur-und-antifeminismus/

– Männerbund, Mensur und Antifeminismus bei deutschnationalen Burschenschaften

Judith Goetz*

Deutschnationale Burschenschafter fungieren in Österreich sowohl als Sammelbecken für parteiförmig organisierte Rechtsextreme (FPÖ Funktionäre) als auch als Anhänger der militanten Neonazi-Szene und sichern sich durch ihre Männerseilschaften Einfluss, Posten und Privilegien. Die burschenschaftliche Organisation selbst baut dabei auf einer Trias auf, deren Säulen ideologisch aufeinander bezogen und zutiefst antifeministisch und sexistisch konzeptioniert sind. Neben dem völkischen Nationalismus und dem männerbündischen Prinzip vervollständigen Brauchtumsformen wie das in burschenschaftlichen Kreisen kultivierte Mensurwesen diese Trias. So dient der Männerbund und die dahinter stehenden Vorstellungen biologistisch argumentierter Geschlechterdifferenz als sexistisches Ordnungskonzept, das die vermeintlich „natürliche“ Geschlechtertrennung und zwischenmenschliche Beziehungen im Allgemeinen regelt. Auch die ideologische wie auch politische, antifeministische Agenda deutschnationaler Burschenschaftern zielt nicht selten auf die Renaturalisierung, also die „Wiederherstellung“ einer vermeintlich „natürlichen“ Geschlechterordnung ab. Dieses strikt duale Geschlechtermodell erfüllt dabei bestimmte Funktionen, wie beispielsweise Einflüsse von vermeintlicher Weiblichkeit aus der Sphäre des Politischen, des Männerbundes oder auch der Gesellschaft fernzuhalten.

Im Vortrag mit anschließender Diskussion soll der burschenschaftliche Antifeminismus vor dem Hintergrund der Prinzipien des Männerbundes und dem Wesen der Mensur näher beleuchtet werden.

Montag, 25.01.2016, 19 Uhr
Georg-Eisler-Hörsaal (HS3) im Unipark Nonntal, Erzabt-Klotz-Str. 1, 5020 Salzburg

Diese Veranstaltung findet in Kooperation mit dem GendUp, der StV Geschichte und dem flit*z Salzburg statt.
Der Eintritt ist frei, der Hörsaal ist barrierefrei zugänglich.

*Judith Goetz ist Literatur- und Politikwissenschafterin sowie Mitglied der Forschungsgruppe FIPU (www.fipu.at), sowie Vizeobfrau der LICRA (Liga gegen Rassismus und Antisemitismus), Mauthausen-Außenlager-Guide, (Gruppen-)Trainerin, zahlreiche Artikel und Vorträge zu den Themenbereichen Rechtsextremismus, Gedenkpolitik und Gedenkkultur in Österreich sowie zu feministischen/frauenpolitischen Fragestellungen. Lehraufträge an den Universitäten in Klagenfurt/Celovec, Salzburg und Wien.

Facebook-Link zur Veranstaltung: https://www.facebook.com/events/444840212391959/

Anlässlich der heutigen Aussendung von SOS Mitmensch über die Unterstützung der rechtsextremen AULA durch die FPÖ: ein geraffter Rückblick auf einige Lowlights des vergangenen AULA-Jahrgangs.

Das Zentralorgan der völkischen Verbindungen in Österreich im Besitz der Freiheitlichen Akademikerverbände ist nach wie vor eines der relevantesten publizistischen Foren der extremen Rechten in Österreich. Im Berichtsjahr bot die Grazer Monatszeitschrift das gewohnte Potpourri aus rassistischer Hetze, antisemitischen Verschwörungsphantasien, Verunglimpfung von NS-Opfern und Antifaschist_innen sowie kaum verhohlener NS-Nostalgie. Dargebracht wurde all dies in weiter verschärfter Form, sodass eine Einstufung der Zeitschrift als neonazistisch (statt ’nur‘ rechtsextrem) zumindest diskutabel erscheint. Ergüsse über „die Tatsache, daß es verschiedene Menschenrassen gibt“, über die „bedrohte(n) Europiden“ und die „Abschaffung der Weißen“ (Oktober-Nummer, S. 26f.), über „Rassenmischung – multikulturelle Gesellschaft genannt“ oder „die eurasisch-negroide Umvolkung deutschen Landes und ganz Europas“ (Dezember, S. 32 bzw. S. 17) standen 2015 neben Attacken auf die „egalitäre() Utopie, alle Menschen seien gleich“ (Oktober, S. 26) oder auf den „umtriebigen jüdischen Spekulanten“ George Soros (März, S. 5), der „die Vermischung von Menschenrassen durch die Förderung von Völkerwanderungen“ erstrebe und vermittels der „Rothschild-Herrschaftsmethode“ zusammen mit der restlichen „heimatlose(n) Weltfinanz … die totale Kontrolle über Völker, Staaten und deren Regierungen“ ausübe (ebd., S. 44-46). Den von der AULA affirmativ kolportierten Mythen zufolge steht Israel bzw. der „politische() Zionismus“ hinter dem selbsternannten ‚Islamischen Staat‘ (Februar, S. 42) und „ein Rothschild“ hinter dem Attentat auf Charlie Hebdo, wie Burschenschafter Walter Marinovic (Germania Salzburg) argwöhnte. Dieser bezog sich gleichzeitig positiv auf Luthers Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“ bezieht, die „deren [der Juden, Anm. B.W.] Geldgier und Wucherzinsen verdammte“ und in die Parole „Darum immer weg mit ihnen!“ gipfelte (ebd., S. 30f.). Über eine „(j)üdische Selbstausgrenzung“ in der abendländischen Geschichte wusste die AULA (in Person des NPD-Kaders Karl Richter) im Mai zu berichten. Die „’christlich-jüdische‘ Symbiose sei „künstlich, unhistorisch“ und müsse „der nichtjüdischen Normalbevölkerung erst auf allen Kanälen suggeriert werden“, nicht zuletzt durch „die Infiltration des globalen ‚Weltgewissens‘ mit dem Holocaust-Dogma“. Der Holocaust sei für das Judentum heute „Quelle der Kraft, wenn auch einer negativen, parasitären“. Auschwitz werde „zum Nasenring, an dem sich die Völker willenlos herumführen lassen“ (Mai, S. 12f.). Auch Gedenkveranstaltungen durch „KZ-Besessene“ (Juni, 32f.) sind AULA-Autoren ein Dorn im Auge, eher ihrem Verständnis von Aufarbeitung der Vergangenheit entsprechen Einlassungen über „Mauthausen-Befreite als Massenmörder“ und „Landplage“ (Juli/August, S. 91). Abgerundet wird das Bild von Klagen über den „giftigen Nektar“ des radikalen Feminismus im Allgemeinen und „selbsternannte() Frauenbefreierinnen wie die US-jüdische Lesbe Shulamith Firestone“ im Besonderen (November, S. 58). In parteipolitischer Hinsicht lässt die AULA (Selbstbezeichnung: „Das freiheitliche Monatsmagazin“) keinen Zweifel an ihrer engen FPÖ-Anbindung, die durch regelmäßige Lobartikel und Gefälligkeitsinterviews ebenso dokumentiert wird wie durch umfangreiche Inserate der nach aktuellen Umfragen stärksten Partei des Landes.

Der Absatz ist ein Preview aus einem Artikel von Bernhard Weidinger (FIPU) für den Rechtsextremismusbericht des Grünen Klubs. [Update: Ende Mai 2016 ist der Bericht erschienen – abrufbar hier.]

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Am 21. April verkündete der Burschenschafter (Albia Wien) und freiheitliche Wiener Landtagsabgeordnete Udo Guggenbichler per OTS, dass er „(g)emeinsam mit anderen prominenten Vertretern von schlagenden Studentenverbindungen“ eine Erklärung unterzeichnet habe, die eine deutliche Verurteilung des antisemitischen Treibens früherer verbindungsstudentischer Generationen wie auch „jede(r) Form von Antisemitismus“ enthält. Zweck der Erklärung sei es, „der Israelitischen Kultusgemeinde das Bemühen für ein von gegenseitiger Achtung geprägtes Verhältnis zu zeigen“.

Dieses Ansinnen ist selbstverständlich begrüßenswert – und angesichts der zentralen Rolle des Antisemitismus in der Geschichte (und Gegenwart?) des völkischen Korporationswesens weniger bedeutungsarm, als es auf den ersten Blick erscheinen mag [1]. Mindestens bis in die 1960er Jahre erkannten die Wiener Burschenschaften allein „ehrenhafte arische Akademiker“ als genugtuungsfähig an [2]. Die antisemitische Kontinuität in den österreichischen Burschenschaften sorgte selbst bei deren bundesdeutschen Waffenbrüdern für Beunruhigung. Die Deutsche Burschenschaft, die sich 1958 – noch ohne österreichische Mitgliedsbünde – in einer Erklärung „von jedem Antisemitismus und Rassenwahn“ distanziert und sich zu deren Bekämpfung bekannt hatte, forderte entsprechende Distanzierungsschritte auch von den Österreichern, um den Weg zur von diesen angestrebten Fusion von DB und DBÖ (Deutsche Burschenschaft in Österreich) frei zu machen. In Reaktion darauf gingen die österreichischen Burschenschaften 1959 so weit zum Antisemitismus auf Distanz, wie ihre ideologische Verfasstheit es eben zuließ, und bekundeten ihre „Duldsamkeit“ in Fragen von „Rasse und Menschenwürde“ [3]. Intern bezeichneten manche der Österreicher sich nun als „asemitisch“: man habe der aktiven Bekämpfung der Juden abgeschworen, wollte jedoch auch weiterhin von ihnen unbehelligt bleiben [4]. Oder, wie die Chronik der Wiener Teutonen von 1968 es ausdrückte: „das Judentum“ sei weiterhin „eine biologische, kulturelle und wirtschaftliche Gefahr für unser Volk“ und ein „Gegner“, gegenüber dem „(r)einliche Scheidung … nach wie vor erwünscht“ sei [5]. Noch 1994 hielten die damals acht in der „ARGE Deutsche Burschenschaft in Österreich“ zusammengeschlossenen Bünde in einem (internen) Rundschreiben fest, dass keine Verpflichtung bestehe, „Fremdrassigen – d. h. jenen, die offensichtlich nicht der germanischen Volks-, Sprach- und Kulturgemeinschaft angehören –, Genugtuung zu geben“ [6].

Vor diesem Hintergrund erscheint nachvollziehbar, dass die Guggenbichlersche Erklärung auf einiges Misstrauen stieß – bei der vorgeblichen Adressatin (IKG), aber auch beim DÖW, dem grünen Abgeordneten Harald Walser oder dem Grünen-nahen Blog Stoppt die Rechten. Letztgenannter Kommentar tat, was die heimische Medienlandschaft interessanter Weise weitgehend unterließ, und argwöhnte, wer denn nun überhaupt hinter der Erklärung stehe. In der Tat wirft die Erklärung mehr Fragen auf, als sie beantwortet: Wieso sind die Unterzeichner nicht bereit, ihre Ablehnung des Antisemitismus auch mit ihrem Namen zu dokumentieren? Wieso weigert Udo Guggenbichler sich – und dies nicht nur mir gegenüber -, auf Nachfrage Auskunft über die Unterzeichner zu erteilen? Welchen Wert hat eine anonyme Erklärung dieser Art überhaupt?

Vielleicht sollte derselbe Fragenkomplex ohnehin anders angegangen werden: wer ist denn nun NICHT bereit – und warum? -, 70 Jahre nach der Befreiung der nationalsozialistischen Vernichtungslager gegen Antisemitismus in Geschichte und Gegenwart Stellung zu beziehen? Wieso musste Guggenbichler seine Erklärung als Privatperson veröffentlichen? Warum war der WKR, dessen Ballausschuss Guggenbichler seit Jahren vorsteht, augenscheinlich nicht bereit, die Erklärung korporativ zu verabschieden? Die DBÖ? Oder zumindest einzelne Verbindungen, wie Guggenbichlers Albia? Wieso ist, von einem knappen Tweet der Alben abgesehen, keinerlei wahrnehmbare Zustimmung aus den Verbindungen zu verzeichnen?

Es wäre wohl zu einfach, die Antwort hierauf einzig im forstbestehend hohen Ausmaß des Antisemitismus im völkischen Verbindungsstudententum zu vermuten. Tatsächlich dürfte der Großteil der heutigen Korporationsstudenten kein ernstes inhaltliches Problem mit der Distanzierung vom Antisemitismus – jedenfalls auf einer abstrakten, unbestimmten Ebene, wie in der Erklärung der Fall – haben. Wohl aber mit dem Akt des Ableistens einer solchen Erklärung an sich: wohl ein Kniefall vor dem Zeitgeist, ein Einknicken vor dem Diktat der political correctness in den Augen (allzu?) vieler. Was auch immer der Grund, die erzielte Optik ist, gemessen an Guggenbichlers mutmaßlichen Erwartungen, fatal: eine (in Zahlen: 1) Person aus dem völkischen Verbindungswesen, die bereit ist, sich öffentlich von Antisemitismus zu distanzieren? Damit erscheint die Aktion weniger als Beleg für die Überwindung der antisemitischen Tradition im völkischen Verbindungswesen denn als eindrucksvoller Nachweis eines unverändert verkrampften Verhältnisses zu ebenjener Tradition – eine Verkrampfung, die ohne Blick auf antisemitische Kontinuitäten bis ins Heute kaum zu erklären ist.

Ein zweites zentrales Problem von Guggenbichlers Initiative, auf welches das DÖW bereits hingewiesen hat, sei abschließend noch kurz angerissen: selbst, wenn mehr Verbindungs-Männer oder gar ganze Verbindungen/Verbände hinter der Erklärung stünden, lässt der Text doch völlig unbestimmt, was als antisemitisch verstanden wird – und bleibt damit auch weitestgehend unverbindlich. An der Blattlinie der AULA etwa dürfte er nichts ändern. Noch im März kokettierte das Zentralorgan des völkischen Verbindungswesens in Österreich mit der Leugnung von „Gaskammern in deutschen KL zum Zwecke der Tötung von Juden“ und ließ sich ausgiebig und unter Aufbietung der einschlägigen Stereotype über den „jüdischen Spekulanten“ George Soros aus (vgl. die entsprechende Meldung des DÖW). Das April-Heft huldigte dem antisemitischen Professor Taras Borodajkewycz und illustrierte einen Artikel über Nahostpolitik mit einem der antisemitischen Machwerke des Holocaustleugners und Hitler-Fans David Dees. [UPDATE: auch die Mai-AULA lieferte Antisemitismusforscher*innen reichen Stoff.] Wenn derlei unter den Antisemitismusbegriff der Korporierten-Erklärung fällt: wo bleiben hier die öffentlichen Distanzierungen oder kritischen Eingaben Guggenbichlers und seiner anonymen Mitstreiter? Wenn aber nicht – ist eine solche Erklärung dann überhaupt die OTS wert, mit der sie ausgesandt wurde?

Ob es im völkischen Verbindungswesen tatsächlich zu einem Umdenken gekommen ist, werden die öffentlichen Einlassungen seiner Vertreter und Organe in der Zukunft zeigen. Eine konsequente Verabschiedung vom Antisemitismus könnte über kurz oder lang freilich auch den deutschvölkischen Nationalismus selbst, der die Bilder vom Juden von seiner Geburt an als Negativfolie benötigt hat, nicht unberührt lassen – und damit den Angelpunkt des burschenschaftlichen Denkens selbst.

Bernhard Weidinger

[1] Vgl. dazu meinen Beitrag „Deutsche Burschenschaften in Österreich“ in Wolfgang Benz (Hg.): Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart. Band 5: Organisationen. Berlin: de Gruyter, 140-145.

[2] Schlägerbrauch der Wiener örtlichen Burschenschaft, 1960, § 4.

[3] Ergänzung zum Bericht der ADC-Vorsitzenden über das Geschäftsjahr 1958/59, Anhang zur Niederschrift des ADC-Tages in Salzburg 1959.

[4] Vgl. Michael Gehler (1996): „…erheb‘ ich, wie üblich, die Rechte zum Gruß…“. Rechtskonservativismus, Rechtsextremismus und Neonazismus in österreichischen Studentenverbindungen von 1945 bis 1995. In: Ders./Dietrich Heither/Alexandra Kurth/Gerhard Schäfer: Blut und Paukboden. Eine Geschichte der Burschenschaften. Frankfurt/M.: Fischer, 187-222, hier: S. 196.

[5] Otto Mühlwerth (Hg., 1968): Hundert Jahre Burschenschaft Teutonia Wien, S. 113.

[6] Zit. n. Harald Seewann (1995): Das „Waidhofener Prinzip“. Die versuchte Ehrabsprechung Juden gegenüber als Manifestation studentischen Antisemitismus an österreichischen Hochschulen im Jahr 1896. In: Einst und Jetzt. Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung, 149-190, hier: S. 169.

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Bernhard Weidinger

Das Internetmagazin VICE hat sich einem herausfordernden Unterfangen gestellt, die Wiener Burschenschaft Teutonia über einen längeren Zeitraum begleitet und daraus eine ca. 25-minütige Dokumentation in 3 Teilen gestaltet. Diese bietet seltene Einblicke – und doch kaum Erkenntnis, die das politische (nicht persönliche) Wagnis von embedded journalism unter Burschenschaftern rechtfertigen würde. Dazu ein paar unsystematische Gedanken.

  • Die Frage, ob Rechtsextremen ohne Not (d. h. ohne z.B. durch ein ORF-Gesetz dazu gezwungen zu sein) überhaupt eine Plattform gegeben werden soll – und wenn ja, warum -, soll hier nicht näher erörtert werden (Überlegungen dazu finden sich hier). VICE hat sie offenkundig mit Ja beantwortet, und das nicht zum ersten mal: u. a. wurde dort schon vor zwei Monaten dem in der Doku erneut ausgiebig gefeaturten Teutonen-Sprecher Mayer die Gelegenheit geboten, ausufernd und unkommentiert den Reiz des Burschenlebens zu schildern. In beiden Fällen kam dabei genau jene österreichische Burschenschaft zu Publizität, die in den letzten Jahren (aber etwa auch um 1990) am häufigsten und eindeutigsten im rechtsextremistischen Sinn auffällig wurde.
  • Mit der grundsätzlichen Bereitschaft, Rechtsextremen eine Bühne zu bieten, ist freilich noch nicht entschieden, wie das Ergebnis ausfällt. Variabel erschiene etwa der Anteil der Sendezeit, der den Rechtsextremen verfügbar gemacht wird, um sich in einer Weise darzustellen, die sie für sympathisch halten. (In puncto sympathieträchtiges Auftreten hat man in Burschenkreisen augenscheinlich dazugelernt, wenn eins die vorliegende Teutonen-Performance etwa mit diversen TV-Auftritten von Silesen, Brunen, Cruxen und Teutonen aus den 90er Jahren vergleicht, die eher als nachdrückliche Anti-Werbung in eigener Sache einzustufen waren.) Im vorliegenden Fall wurde ganz offenkundig sehr viel mehr Zeit und Energie in das Sammeln von exklusivem Videomaterial von burschenschaftlichen Veranstaltungen investiert als in die kritische Überprüfung/Kommentierung des dort Vorgefundenen (siehe unten) – was dem Produkt anzumerken ist.
  • Wenn eins sich entscheidet, Rechtsextreme dermaßen ausufernd ins Bild zu rücken, sich dabei aber nicht zum Teil einer Imagekampagne der Portraitierten machen will, schiene es (mir) notwendig, deren Selbstdarstellungen kritisch zu kommentieren – sei es durch die RedakteurInnen selbst, sei es durch ExpertInnen. Eine solche Kommentierung findet hier durch Judith Goetz und einen Aussteiger des katholischen Verbindungswesens auch statt, und das in durchaus kenntnisreicher Weise. Sie verbleibt allerdings weitgehend auf der Ebene des Grundsätzlichen und Allgemeinen, was freilich nicht den Interviewten anzulasten ist: sie beantworten die Fragen, die ihnen gestellt werden. Umgekehrt können die portraitierten Korporierten sehr viel konkretere Angaben machen, die für ZuseherInnen anschaulicher und greifbarer werden als die referierte Kritik – und (zu) wenig kritische Kommentierung erfahren. Eine Reihe burschenschaftlicher Nebelgranaten wird in der Sendung wiedergegeben, ohne dass sie als (falsche) Schutzbehauptungen kenntlich gemacht würden. So darf etwa Jörg Mayer vor der Ahnengalerie SS-uniformierter Teutonen insinuieren, diese seien zu ihrer (lt. Nürnberger Prozess) verbrecherischen Organisation „eingezogen“ worden – anstatt sich (in aller Regel jedenfalls) freiwillig gemeldet zu haben. Er kann die von ihm möglicherweise selbst geglaubte Erzählung der Altherrenschaft wiedergeben, wonach der neonazistischen VAPO Anfang der 90er Jahre nur zwei von zehn Aktiven angehört hätten, was schließlich nicht „repräsentativ“ sei. Tatsächlich fanden sich auf den bei Gottfried Küssel gefundenen Mitgliederlisten nicht weniger als acht Teutonen. Bernhard Rösch wiederum, Gothe und Wiener freiheitlicher Landtagsabgeordneter, darf unwidersprochen die Holocaustleugnung eines nicht namentlich genannten Olympia-Gastvortragenden – gemeint ist wohl David Irving – als „Ente“ bezeichnen.
  • Auf der Faktenebene ist gegen die Dokumentation ansonsten nicht viel einzuwenden – was auch damit zu tun hat, dass VICE selbst nicht allzu viele Fakten präsentiert. Es fehlt dazu aufgrund der gewählten Schwerpunktsetzung auf burschenschaftliche O-Töne schlicht die Zeit. Schief geraten sind allerdings die Zahlenangaben: 4000 Mitglieder erreicht das völkische Verbindungswesen allenfalls insgesamt: in Aufaddierung der Mitgliederzahlen aller akademischen und pennale Verbindungen, von Burschenschaften über Corps bis hin zu den Vereinen Deutscher Studenten. Beschränkt eins sich auf akademische Burschenschaften, ist die Zahl um ein Vielfaches überhöht – dafür wäre in diesem Fall (allerdings nur dann) die Angabe der rund 20 Verbindungen im Einleitungstext annähernd zutreffen, wenn auch etwas zu tief angesetzt.
  • Notabler noch (wenn auch nicht allzu überraschend) als die mutmaßliche Irving-Apologie Röschs scheint mir dessen Rede von der NS-Zeit als den „sechs (sic) schlimmsten Jahren“ der österreichischen Geschichte. Richtig schlimm wurde es in seiner Wahrnehmung offenbar erst mit Kriegsbeginn 1939. Das erste Jahr nationalsozialistischer Herrschaft, jenes der Pogrome, wilden „Arisierungen“ und der Dachau-Transporte, war demnach vergleichsweise erträglich – was für den durchschnittlichen Burschenschafter (männlich, „arisch“ und politisch zuverlässig) auch tatsächlich zutraf, aus dem Mund eines gewählten Mandatars im Österreich von 2015 aber dennoch eine bemerkenswerte Einschätzung darstellt. Es handelt sich um einen der Momente in der Dokumentation, an der eine kritische Nach-Frage wohltuend und interessant gewesen wäre, wie die VICE-Redakteurin sie an anderen Stellen auch tätigt.
  • Wenn aktuelle Aktive der Teutonia vors Mikrofon gebeten werden, wäre meines Erachtens von vorrangigem Interesse gewesen, wie diese sich zu rechtsextremistischen Auffälligkeiten verhalten, die sie selbst aus nächster Nähe erlebt haben oder an denen der eine oder andere von ihnen möglicherweise persönlich beteiligt war – konkret etwa diverse revanchistische, antisemitische und gedenkpolitisch eigenwillige Flugblattaktionen der jüngeren und jüngsten Vergangenheit; oder die Umtriebe des teutonischen Faktotums der heutigen extremen Rechten in Österreich, Jan Ackermeier (näheres bei Bedarf hier oder oder hier). Stattdessen spricht man über die VAPO, die ein heutiger Aktiver logischerweise nur vom Hören und (offenbar wenig faktengetreuen bis apologetischen) Sagen der Alten Herren kennt.
  • Der hohe Stellenwert von Brauchtumsfragen im Allgemeinen und der Mensur im Besonderen (gemessen an der diesen Fragen gewidmeten Zeit) in der Dokumentation entspricht einem gängigen Muster in der medialen Auseinandersetzung mit Burschenschaften: eine exotistische Herangehensweise, die den Gegenstand in erster Linie geheimnisvoll und faszinierend erscheinen lässt und über diese Faszination ideologische und politische Charakteristika tendenziell in den Hintergrund treten lässt – jedenfalls stärker, als es (mir) angezeigt erschiene. Dabei ließen diese Charakteristika sich anhand des Brauchtums vortrefflich illustrieren. Doch so ausführlich in der Dokumentation auch über das studentische Fechten geredet wird, kommt dessen ideologischer Kern – soldatische Männlichkeit (ihre Einübung, performative Herstellung und Beschwörung) sowie völkischer Nationalismus (versinnbildlicht in der symbolischen Aufopferung des Einzelnen für das völkische Kollektiv) – nicht zur Sprache.

Mein Fazit: die Dokumentation bietet einige interessante Einblicke, v. a. in Form von Charakterstudien, die – das sei fairerweise vermerkt – ohne längere burschenschaftliche Sprechpassagen wohl nicht in dieser Plastizität zu haben gewesen wären. Diese Einblicke wurden von VICE aber mit einem hohen Preis bezahlt. Ob entsprechend etwaiger vorab getroffener Vereinbarungen oder aus eigenem „Verschulden“, bewegt sich das Ergebnis (für meinen Geschmack) allzu nahe am Imagevideo nach Teutonen-Gusto: geeignet, Interesse bei potenziell Rekrutierbaren zu wecken und die restliche Öffentlichkeit zumindest aufgeschlossener (oder auch indifferenter) zu stimmen. Inwieweit das bei ausführlicherer Hinterfragung und Kommentierung der breiten Raum einnehmenden Selbstdarstellungsreden anders ausgefallen wäre, sei dahingestellt. Das Video wird VICE sicherlich viele Klicks bringen – und den Teutonen sonst schwer zu gewinnende Publizität. Insofern eine win-win-Situation. Erkenntnisgewinne für eine kritische Öffentlichkeit drängen sich dagegen wenig auf – jenseits der eher banalen Einsicht, dass Burschenschafter auch nur Menschen sind, sollte irgendjemand daran Zweifel gehegt haben.

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Wie viel weiß man heute über die Verwicklung deutschnationaler Burschenschaften in den Südtirol-Terrorismus der 60er Jahre?

Judith Götz: Fest steht heute so viel, dass zahlreiche Burschenschaften in den Südtirol-Terrorismus verwickelt waren – die Verwicklungen gingen dabei weit über Einzelfälle hinaus. Nennenswert sind hier vor allem die Burschenschaften Olympia in Wien sowie die Brixia in Innsbruck. Die Olympia wurde 1961 wegen dieser Verbindungen sogar behördlich aufgelöst, da ihre Tätigkeit als „staatsgefährdend“ eingestuft wurden. Bei einer entsprechenden Razzia wurde seitens der Behörden festgestellt, dass sich 12 Mitglieder „außerhalb der Statuten und in Verletzung der österreichischen Gesetze betätigt“ hätten. Wir wissen heute auch, dass es bei der Olympia eine Verpflichtung für Mitglieder gab, den in den Prozessen Angeklagten Beiträge zu zahlen. Als Beispiel nur der Prozess von 1962 in Rom, bei dem sieben Personen angeklagt waren. Vier davon waren österreichische, drei deutsche Burschenschafter. Grundsätzlich lässt sich ohne Übertreibung sagen, dass sich mindestens die Hälfte der deutschnationalen Burschenschaften in der Südtirol-Frage engagierten – das Engagement reichte von tätlichen Anschlägen bis hin zum Aufkleben von Stickern im öffentlichen Raum.

Dass es sich beim Südtirol-Terrorismus um Terrorismus handelt, ist ganz klar: Es geht hier um rohe Gewalt, die sich nicht ausschließlich gegen Sachgegenstände richtet, sondern bewusst auch zivile Opfer in Kauf nimmt – und das nicht wenige.

Gibt es dabei nennenswerte, zentrale Figuren?

Nennenswert ist zum Beispiel Norbert Burger. Es war Universitätsassistent an der Universität Innsbruck und Alter Herr der Wiener Olympia. Zudem gilt er als Mitgründer des BAS (Befreiungsausschuss Südtirol, Anm.) und wurde in Italien mehrfach in Abwesenheit verurteilt. Im Grunde war er einer der wichtigsten Mittelsmänner und verfolgte sehr bewusst eine Radikalisierungs- und Eskalationsstrategie, beispielsweise warb er an der Universität Innsbruck sehr viele Studierende für den Südtirol-Terrrorismus an. 1967 gründete er – als die FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs, Anm.) relativ liberal war – die Nationaldemokratische Partei (NDP), die gezielt mit NS-Symbolik spielte. Strache gilt in gewissem Sinne als sein politischer Ziehsohn.

Was blieb dabei von der Idee, dass sich die Gewalt ausschließlich gegen Sachgegenstände wie etwa Strommasten richtete? Lässt sich hier überhaupt von Terrorismus sprechen?

Diese Idee ist in der Tat ein Mythos, der allerhöchstens auf die Anfangsjahre anwendbar ist. Gerade durch die Radikalisierung in den 60er Jahren blieb wenig davon übrig. Letztendlich ist der Südtirol-Terrorismus für 21 Tote und 57 Verletzte verantwortlich – zwischen 1956 und 1988, wobei der Höhepunkt sicher in den 1960er Jahren zu verorten ist. Dass es sich beim Südtirol-Terrorismus um Terrorismus handelt, ist ganz klar: Es geht hier um rohe Gewalt, die sich nicht ausschließlich gegen Sachgegenstände richtet, sondern bewusst auch zivile Opfer in Kauf nimmt – und das nicht wenige.

Fakt ist aber auch, dass es hierbei keineswegs um eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung oder einer Minderheit geht, es geht hier nicht um die Menschen, sondern schlichtweg um die Idee des „deutschen Territoriums“, das zusammengehört.

Wie unterscheidet sich in diesem Kontext der Umgang der schlagenden, deutschnationalen Burschenschaften von jenem der katholischen, nichtschlagenden Verbindungen des Cartellverbands?

Die deutschnationalen Burschenschaften unterscheiden sich von den katholischen Verbindungen ja in vielfacher Hinsicht. Gemeinsam ist ihnen das Männerbündlerische, und sie finden auch sonst immer wieder zusammen, wenn es beispielsweise um ein mögliches Coleurverbot an der Universität Wien geht. Während Deutschnationale aber deutschnational sind, sind die Verbindungen des Cartellverbands österreich-patriotisch und haben auch ein entsprechend problematisches Verhältnis zum Austrofaschismus. Da kommen auch mal Sätze wie „Dollfuß hat uns vier Jahre Nationalsozialismus erspart“ vor. In Bezug auf Südtirol reden wir aber über die Idee, dass „deutsches Territorium“ zusammengehört, über sogenannte „Unrechtsverträge“ von Saint Germain und Versailles – also über einen eindeutig völkischen Zugang, der sich bis heute beobachten lässt.

Inwiefern?

Betrachten wir die FPÖ und ihr Programm heute, deren Funktionäre zu einem beachtlichen Teil aus Burschenschaften kommen, so ist die „Südtirolfrage“ hier immer noch ein zentrales Thema. Fakt ist aber auch, dass es hierbei keineswegs um eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung oder einer Minderheit geht, es geht hier nicht um die Menschen, sondern schlichtweg um die Idee des „deutschen Territoriums“, das zusammengehört. Offensichtlich wird das, wenn man sich die reaktionären Positionen der FPÖ im Zusammenhang mit Minderheiten in Österreich anschaut.

Es ist vielfach immer noch nicht klar, dass die deutschnationalen Burschenschaften das Bindeglied zwischen dem Neonazismus auf der Straße und dem Rechtsextremismus der Parteien und im Parlament in Form der FPÖ sind.

Zurück zu den Burschenschaften: Auf welchen gemeinsamen Nenner können akademische Burschenschaften und Bauernsöhne aus der Provinz überhaupt kommen?

Nun ja, ich glaube, wir müssen das Ganze in einen historischen Kontext setzen: Nach den Verhaftungswellen der ersten Anschläge wurden die Position und Unterstützung der Burschenschaften stärker und führte zu einer starken Radikalisierung. Zu tun haben wir es mit der ganz klar rechten Ideologie, die davon ausgeht, dass „Deutsche“ auf „deutschen Boden“ leben müssen. Es geht hier um „Volkstumskämpfer“. Natürlich argumentieren auch deutschnationale Burschenschaften mit ihrer Opferrolle im Nationalsozialismus: Sehr oft heißt es, sie seien 1938 verboten worden. In Wahrheit gingen sie im Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund auf. In den 50er Jahren wurden die meisten aber wiedergegründet. Das heißt aber, wir sprechen hier von einer Zeit, die nicht weit entfernt vom Zweiten Weltkrieg ist. Die Radikalisierung liegt damit auf der Hand – natürlich auch im Zusammenspiel mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation in Südtirol selbst.

Gibt es Ihrer Ansicht nach eine Aufarbeitung der Thematik in Österreich? 

Nein, absolut nicht. Es gibt zwar das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands und auch die Website „Stoppt die Rechten“, die auf Verstrickungen und Verharmlosungen rund um den Südtirol-Terrorismus hinweisen, aber im Schulunterricht ist die Problematik schlicht kein Thema. Im Volksmund gibt es eher die Idee, dass Südtirol ohnehin Österreich sei und nicht Italien, das wird da nicht so tragisch genommen. Es ist vielfach immer noch nicht klar, dass die deutschnationalen Burschenschaften das Bindeglied zwischen dem Neonazismus auf der Straße und dem Rechtsextremismus der Parteien und im Parlament in Form der FPÖ sind.

Judith Götz ist Mitglied der Forschungsgruppe Ideologien und Politiken der Ungleichheit (fipu), Politik- und Literaturwissenschaftlerin. Sie veröffentlichte zahlreiche Artikel und hielt Vorträge zu den Themenbereichen Rechtsextremismus, Gedenkpolitik und Gedenkkultur in Österreich sowie zu feministischen und frauenpolitischen Fragestellungen. In unregelmäßigen Abständen hat sie Lehraufträge an den Universitäten in Klagenfurt/Celovec, Salzburg und Wien. Kürzlich erschien der von der fipu veröffentlichte Sammelband „Rechtsextremismus. Entwicklungen und Analysen“ im Mandelbaum Verlag.