Seit geraumer Zeit haben Männerrechtler dem Feminismus auch – oder besser gesagt vor allem – im Internet den Kampf angesagt. „Femokratie-Blog“, „MANNdat.de“, „Wie viel Gleichberechtigung verträgt das Land?“ oder „WikiMANNia“ sind nur einige Beispiele jener deutschsprachigen Internetseiten und Blogs, auf denen seit geraumer Zeit gegen Feministinnen, Gleichstellungspolitiken und vermeintlichen Gender-Wahn gewettert wird.

 

Die wahren Ziele der Männerrechtler

Die antifeministische Männerrechtsbewegung entstand im deutschsprachigen Raum in den 1970ern Jahren des vergangenen Jahrhunderts und verfolgt aktuell vor allem zwei Ziele: Einerseits wollen Anhänger dieser Gruppierungen auf die ‚eigentlichen‘ Benachteiligten in dieser Gesellschaft, nämlich Burschen und Männer, hinweisen und andererseits den Einfluss einer imaginierten feministischen Vorherrschaft zurückdrängen. So ist beispielsweise auf dem Blog „Wieviel Gleichberechtigung braucht das Land“ über „Das wahre Ziel des Feminismus“ zu lesen, dass in der „modernen westlichen Gesellschaft […] Feminismus Teil der herrschenden staatlichen (genau gesagt, überstaatlichen, grenzüberschreitenden, d. h. globalen) Ideologie“ sei und durch „Schule, Universitäten und Massenmedien aufgezwungen“1 werde. Die Protagonisten der Männerrechtsbewegung inszenieren sich dabei als Opfer nahezu jeder Lebenslage, vom Bildungs- und Gesundheitswesen über den Arbeitsmarkt oder Staatsdienst bis hin zum Scheidungsrecht. Eine besondere Rolle kommt dabei den Medien zu, die Burschen und Männern als die eigentlich Benachteiligten und Opfer dieser Gesellschaft keine Aufmerksamkeit zukommen lassen würden. So haben auch Männerrechtler begriffen, dass der Hinweis auf Benachteiligung sowie das Einfordern von Rechten ein potentiell sehr wirkungsmächtiger Diskurs ist, mit dem sich Aufsehen erregen lässt. In diesem Opferdiskurs arbeiten Männerrechtler nicht selten mit vermeintlichen Tabubrüchen und Diskursen, die sich gegen politische Korrektheit (PC) richten und versuchen, dadurch Aufmerksamkeit zu erhaschen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass es sich bei den meisten inszenierten Tabubrüchen in der Regel gar nicht um solche handelt, da gerade Sexismus, Rassismus oder Homophobie in dieser Gesellschaft keine Tabus im herkömmlichen Sinne, sondern vielmehr tief und fest in der Mitte der Gesellschaft verankert sind. So wird beispielsweise auch versucht, fortschrittliche Forderungen und Errungenschaften für Frauen als vermeintlich ‚politisch korrekten‘ Schwachsinn abzutun und gleichzeitig frauenfeindliches Gedankengut zu normalisieren.

Eine Aufhebung der Benachteiligung wäre jedoch nicht durch die Infragestellung aktueller Männlichkeitskonstruktionen und -anforderungen möglich, sondern einzig durch die Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung männlicher Privilegien und damit männlicher Hegemonie. So fungieren diese Herangehensweisen nicht zuletzt auch als eine Art männliche Legitimationsstrategie zur Aufrechterhaltung männlicher Macht und zur Wahrung männlicher Privilegien, sodass von einem antifeministischen Backlash gesprochen werden kann.

 

Das antifeministische Netz

Wenngleich Vertreter antifeministischer Politiken (u. a. wegen falscher Ausgewogenheitsvorstellungen) auch in Mainstreammedien immer wieder unterkommen oder Kongresse und Vernetzungstreffen organisieren, findet die frauenfeindliche Propaganda derartiger Gruppen vor allem digitalen Netz weite Verbreitung. So wird auf den angesprochenen Blogs und Internetseiten nicht nur das ‚männerfeindliche‘ Tagesgeschehen kommentiert, sondern vor allem auch gegen jene gehetzt, die als Vertreter_innen des Feminismus ausgemacht werden. Die sprachlichen Mittel, die dabei zum Einsatz kommen, reichen von unzulässigen NS-Vergleichen („Feminazis“) über Delegitimierungsstrategien (z. B. Darstellung von Gender Studies als lächerlich, absurd oder unwissenschaftlich) über Verbreitung von Unwahrheiten (wie Leugnung des Gender Paygaps) bis hin zu persönlichen Angriffen und (untergriffigen) Beleidigungen gegen konkrete Personen (sowohl gegen profeministische Männer – „lila Pudel“ – als auch gegen Feministinnen). Shitstorms, (Todes-)Drohungen, Vergewaltigungsphantasien und Stalking sind dabei keine Einzelfälle, sondern verdeutlichen einmal mehr, dass es sich bei dieser Form des Antifeminismus keinesfalls um Meinungsfreiheit handelt, sondern diese vielmehr als Hate Speech zu entlarven ist. Ein ähnliches Geschlechter- bzw. auch Gesellschaftsbild lässt sich im Übrigen auch in der (extremen) Rechten antreffen und so mag es kaum verwundern, dass es auch Zusammenarbeit und Überschneidungen bei den unterschiedlichen Akteuren gibt. Feminismus-Bashing ist jedoch nicht ausschließlich in Männerrechtskreisen und der (extremen) Rechten anzutreffen, sondern auch in der gesellschaftlichen Mitte weit verbreitet und findet Zustimmung.

 

#(anti)feminist

Die angesprochenen Blogs liefern folglich vor allem die ideologische Grundlagen und ‚Argumente‘ für jene antifeministischen Rhetoriken, die sich auch anderenorts im Internet weiter Verbreitung erfreuen. Dementsprechend spammen Männerrechtler auch Online-Foren diverser Tageszeitungen, sind auf Twitter und Facebook aktiv und versuchen feministische Hashtags zu vereinnahmen. So gelingt es einer kleinen, wenn auch ständig wachsenden Gruppe vor allem über das Internet einzuschüchtern, zu vertreiben und zu verdrängen. Nicht zufällig können gleich mehrere deutschsprachige Blogs trotz Urheber_innenrechtsverletzungen, NS-Verharmlosungen oder Beleidigungen strafrechtlich nicht geahndet werden, weil im Impressum eine Adresse in der Türkei aufscheint. Auch in Österreich wurden im Forum http://www.genderwahn.com, das heute aufgrund von wiederholten Verstößen gegen bestehende Gesetze nicht mehr online ist, lange Zeit rechtsextreme, frauenfeindliche Inhalte von Usern wie „Frauenhausjäger“ oder „Volks“ verbreitet. Die Drohungen, Verleumdungen und Diffamierungen werden nun auf der Website http://www.justizdebakel.com fortgesetzt, wo ebenfalls zutiefst antidemokratische und frauenfeindliche Inhalte veröffentlicht werden, wie beispielsweise eine Auflistung der Adressen aller Wiener Frauenhäuser.

Wie auch von anderen Diskussionen im Internet bekannt, erfahren Männerrechtler zudem oftmals kaum bis keinen Gegenwind, sodass ihre Propaganda unkommentiert stehenbleiben kann. Dies ist insbesondere angesichts der Tatsache erschreckend, dass das Internet für immer mehr Menschen die Hauptinformationsquelle darstellt. Wenngleich sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit stellt, mit expliziten Frauenhassern Argumente austauschen zu wollen, bedarf es dennoch wirksamer Umgangsformen mit diesem Phänomen. Nicht selten ziehen sich Netzaktivistinnen und Feministinnen nach wiederholten Untergriffigkeiten aus diesem Betätigungsfeld zurück, somit wird der Raum erneut Männerrechtlern überlassen. So wäre es einerseits an der Zeit, stärker anzuerkennen, dass feministische Kämpfe aktuell auch im Internet ausgefochten werden müssen und es andererseits solidarischer Strategien bedarf, um den stärker werdenden antifeministischen Backlash dahin zu verbannen, wo er hingehört – auf den Müllhaufen der Geschichte!

 

Anmerkungen:

1 „Das wahre Ziel des Feminismus“, Blogeintrag von Sergej Strojev: http://www.wgvdl.com/das-wahre-ziel-des-feminismus (Stand: 31.10.2016)

Die Forschungsgruppe Ideologien und Politiken der Ungleichheit´ (FIPU) ist ein loser Zusammenschluss von WissenschafterInnen in Österreich mit einem gemeinsamen Forschungsinteresse: der Auseinandersetzung mit Ideologien der Ungleichheit (Rassismus, Sexismus, Homophobie, Antisemitismus, Ableismus, usw.) und den sie tragenden politischen AkteurInnen. Zentraler Gegenstand ist dabei bislang die äußerste politische Rechte insbesondere, aber nicht ausschließlich, in Österreich. Dennoch definiert die Gruppe sich weniger über die extreme Rechte als Gegenstand als über die gemeinsame Klammer antiegalitärer Ideologien und Ideologeme, gleichgültig, ob diese „rechts“, „links“ oder in der politischen „Mitte“ auftreten.

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